Anne Steul

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Anne Steul, 1950er Jahre.
© Foto: Rob Hansen

Anneliese „Anne“ Steul (* 24.01.1924 in Wetzlar; † 14.07.1989 ebenda) war in den 1950er Jahren im deutschen und internationalen Science Fiction-Fandom aktiv und übersetzte mehrere Werke phantastischer Literatur.[1]

Leben

Anne Steul wurde 1924 in Wetzlar geboren. Nachdem 1958 ihr Vater und Bruder starben, wurde sie gemeinsam mit ihrer Schwester Franziska Inhaberin der großen väterlichen Baufirma H. Steul mit Sitz in Wetzlar, später in Solms.[2] Dadurch besaß sie finanzielle Mittel, die über die der meisten frühen Fans deutlich hinausgingen. Beruflich war Anne Steul ab 1974 Prokuristin und von 1976 bis 1989 Geschäftsführerin der Steul Vermögensverwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH[3].

Spätestens Anfang der 1950er-Jahre entwickelte sie ein starkes Interesse für Science-Fiction und das Fandom. In Ermangelung fannischer Strukturen in Deutschland wurde sie damals insbesondere über das britische Fandom sozialisiert.

Im Jahr 1953 vermittelte sie die beiden Romane Beyond the Visible und Another Space - Another Time von John W. Campbell an den Rappen Verlag[4]. 1956 versuchte sie, das britische New Worlds Magazin nach Deutschland zu bringen, es gelang ihr jedoch nicht, einen Verlag zu finden.[5] Sie übersetzte mehrere Werke der Phantastik aus dem Englischen ins Deutsche.

Anne Steul war Herausgeberin des englischsprachigen Fanzines FANannIA, Kolumnistin des englischsprachigen Fanzines Femizine[6] und Redakteurin des deutschsprachigen Fanzines Fantum.[1] Die Auffassungen von Walter Ernsting und anderen damaligen Science Fiction-Profis und Fans zum Genre sah sie kritisch: Ich habe die Nase gestrichen voll von Raketen und ähnlichem Käse der doch schon so sehr zur Gegenwart gehört, daß es eine Zumutung ist, den Quark als Science Fiction zu bringen.[7] Den SFCD sah sie als Verein, in dem sich die Leute versammelt haben, die sich weniger für SF als Literatur, dafür aber umso mehr für Raketen, Raumforschung und Ähnliches interessieren ...[7] Mit dessen Vorstand Walter Ernsting, mit dem sie um eine Führungsrolle im deutschen SF-Fandom konkurrierte und für den sie mindestens einmal als Übersetzerin arbeitete, lieferte sie sich spätestens nach einem Streit über Honorarzahlungen eine erbitterte und langanhaltende Fehde.[8]

Sie war die maßgebliche Organisatorin des Wetzcon 1956, des ersten Science-Fiction-Cons in Deutschland. Unterstützt wurde sie von den damals noch jugendlichen Zwillingen Jim Benford und Greg Benford, Söhne amerikanischer Militärangehöriger in Deutschland. Der Wetzcon war ein Erfolg und im Nachgang trat Anne Steul letztlich doch in den SFCD ein. Den Konflikt mit Ernsting legte sie jedoch, auch unter Vermittlungsversuchen von Heinz Bingenheimer, nie bei und verschwand schon 1956 weitgehend aus dem deutschen SF-Fandom.[9][10] Für 1957 ist noch eine Teilnahme am Loncon I in London, dem damaligen Worldcon, belegt; beim eine Woche später stattfindenden Biggercon ließ sie noch postalische Grüße aus London zustellen.[8]

Nach ihrem Tod wurde ihre Sammlung von Science Fiction-Literatur an die Phantastische Bibliothek Wetzlar gespendet. Ihre Sammlung von Fanzines ging jedoch verloren.

Bibliografie

Science Fiction-Fanzines

  • FANannIA: Nr. 1-4, 1955-1958, Herausgeberin.[11]
  • Fantum: Nr. 1, 1956, Redaktion.

SF-Kurzgeschichten

  • A Travel in Time. In: Greg Benford, Jim Benford (Hrsg.): Void Vol. 1 No. 2 (September 1955), S. 15.[12]
  • Those Happy Years. In: Greg Benford, Jim Benford (Hrsg.): Void Vol. 1 No. 4 (November 1955), S. 18f.[13]

Übersetzungen

  • 1953 Herbert J. Campbell: Ein anderer Raum - Eine andere Zeit. Another Space - Another Time (1953) (E). Rappen Verlag, Goslar, 1. Auflage, Leihbuch, 288 S.
  • 1954 Edgar Rice Burroughs: Tarzan in Gefahr. Tarzan, the terrible (1921) (E). Pegasus Verlag, Wetzlar, Leihbuch, 288 S.
  • 1955 Herbert J. Campbell: Durch Raum und Zeit. Another Space - Another Time (1953) (E). Utopia-Großband Nr. 15, Pabel Verlag, Rastatt, Romanheft, 92 S.
  • 1958 Lan Wright: Menschheit im Aufbruch. Who Speaks of Conquest? (1956) (E). Balowa Verlag, Balve, Leihbuch, 302 S.
  • 1960 Lan Wright: Menschheit im Aufbruch I. Who Speaks of Conquest? I (1956) (E). Terra Utopische Romane Nr. 141, Moewig Verlag, München, Romanheft, 62 S.
  • 1960 Lan Wright: Menschheit im Aufbruch II. Who Speaks of Conquest? II (1956) (E). Terra Utopische Romane Nr. 142, Moewig Verlag, München, Romanheft, 62 S.

Literatur

  • Fabian-Alexander Lipki: Wie alles begann ... In: Sylvana Freiberg (Hg.): Andromeda Nachrichten 283 (November 2023) S. 8-12. Link
  • Wolfgang von Witting: Anne Steul 1924 - 1989. In: Ders. (Hg.): CounterClock 14 (Mai 2013) S. 7. Link

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Rainer Eisfeld: Die Zukunft in der Tasche: Science Fiction und SF-Fandom in der Bundesrepublik. Die Pionierjahre 1955–1960. Verlag Dieter von Reeken, Lüneburg 2021, S. 38-42.
  2. Steul-Bau aus Solms, archivierte Webseite
  3. Gemeinsames Registerportal der Länder: Handelsregistereintrag Amtsgericht Wetzlar HRB 206.
  4. Rainer Eisfeld: Zwischen Barsoom und Peenemünde: Von den eingebildeten "Landschaften" des Mars bis zu den zerbröckelnden Mythen der V2-Konstruktion. Verlag Dieter von Reeken, Lüneburg 2014, S. 161.
  5. Rainer Eisfeld: Zwischen Barsoom und Peenemünde: Von den eingebildeten "Landschaften" des Mars bis zu den zerbröckelnden Mythen der V2-Konstruktion. Verlag Dieter von Reeken, Lüneburg 2014, S. 77.
  6. Wetzcon 1956. Auf: fiawol.org.uk
  7. 7,0 7,1 Rezension von Andromeda in Fantum Nr. 1, 1056, S. 39.
  8. 8,0 8,1 Fabian-Alexander Lipki: Über neue Projekte, alte Fehden und die Entstehung deutscher SF-Cons in Andromeda Nachrichten 284, Februar 2024
  9. Hagen Zboron: Tabellierte Fandomshistorie. In: Nibelungen, Nr. 2, 1966, S. 94.
  10. She gafiated early due to feuds with Walter Ernsting and other sercon pros and fans. Aus: Fancyclopedia 3, Anne Steul.
  11. Fancyclopedia 3: FANannIA
  12. Anne Steul: A Travel in Time. In: Greg Benford, Jim Benford (Hrsg.): Void Vol. 1 No. 2 (September 1955), S. 15. Link
  13. Anne Steul: Those Happy Years. In: Greg Benford, Jim Benford (Hrsg.): Void Vol. 1 No. 4 (November 1955), S. 18f. Link